Die Astronomische Station liegt am östlichen Stadtrand von Halle im Ortsteil Kanena. Es war die erste Einrichtung ihrer Art in der ehemaligen DDR. Im Jahre 1961 entstand die Sternwarte. Hier befand sich bis 1978 ein Coude’ – Refraktor, der heute am Raumflugplanetarium auf der Peißnitz steht.
Kanena wurde damals als Standort ausgewählt, weil hier im Osten von Halle die Lichtverschmutzung am geringsten war.
Das Raumflugplanetarium “ Siegmund Jähn “ in Halle auf der Peißnitz – Insel wurde durch das letzte Hochwasser 2013 leider so beschädigt, das es für immer schließen musste. Wir möchten hier an diese weltweit bekannte astronomische Bildungseinrichtung erinnern.
1963 wurde das Kleinplanetarium in Kanena unter der Anleitung von Herrn Kockel erbaut. Ein häufiger Gast des Kanenaer Planetariums war der damalige Oberbürgermeister Hans Pflüger. Er war bei der Marine Offizier für Nautik, woraus seine große Begeisterung für den Sternhimmel resultierte.
Anfang der 70er-Jahre stellten die Carl-Zeiss-Werke in Jena ein neues Planetariumsgerät vor, von welchem der Oberbürgermeister fasziniert war. Die Carl-Zeiss-Werke in Jena suchten für ihren neuen Planetariumsprojektor ein Planetarium als Referenzobjekt für ihre Kunden.
Halle bekam den Zuschlag und so konnte der Bau 1976 beginnen.
Ursprünglich sollte der Standort des Planetariums der Stadtpark von Halle sein. Zur Vermeidung von Streulicht musste auf die Peißnitzinsel ausgewichen werden.
Um die Kosten für das Gebäude niedrig zu halten, nutzte man eine zur damaligen Zeit für Planetarien neuartige Bauweise.
Der hallesche Architekt Herbert Müller entwickelte in den 50er-Jahren die sogenannte HP-Schale, mit der sich ohne zusätzliche Träger ein großer Spannraum überbrücken ließ. Herbert Müller, im Volksmund auch „Schalenmüller“ genannt, projektierte und betreute den Planetariumsbau in seiner gesamten Bauphase von 1976 – 1978.
Der Rundbau, das eigentliche Planetariumsgebäude, wurde aus nur 5 verschiedenen Bauteilen errichtet, wobei jedes Bauteil 28 mal vertreten war. Die Schalenbauweise fand auch bei den Nebengebäuden Verwendung.
Das so errichtete Gebäude ist architektonisch einmalig, es gibt kein anderes Planetarium in dieser Bauweise.
Die hyperbolischen Paraboloidschalen fertigte die Firma Betonwerk Luckenwalde, alle anderen Betonelemente wurden im Betonwerk Merseburg hergestellt.
Zusätzliche Kosten verursachten die aufrecht stehenden HP-Schalen, da sie aufgrund von Regen keinen einheitlichen Grauton besaßen. Da für einen weißen Anstrich offiziell keine Gelder vorhanden waren, stellte der damalige Oberbürgermeister, nicht ganz legal, aus anderen Töpfen finanzielle Mittel zur Verfügung. Deshalb nannte die Bevölkerung das Planetarium auch den „Schwarzbau mit weißem Anstrich“.
Insgesamt hat der Bau des Planetariums 3,2 Mio. Mark der DDR gekostet, davon allein der Projektor vom Typ „Spacemaster DP1“ 700.000 Mark. Den Projektor hatte Halle schon um 300.000 Mark preisgünstiger von Carl-Zeiss-Jena erhalten, da das Planetarium in Halle für Jena als Referenzeinrichtung dienen sollte und das Gerät schon 1976 zur Messe in Leipzig ausgestellt war.
Unter den zahlreichen Besuchern waren viele prominente Wissenschaftler, Kosmonauten, Astronauten aus aller Welt und hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Politik.
1992/93 waren schwere Jahre für das Planetarium. Nachdem aber nach langem Kampf Astronomie auch weiterhin als Unterrichtsfach an den Schulen von Sachsen-Anhalt gelehrt wird, erlebte das Planetarium Halle seine Renaissance.
Es ist nach wie vor eine Einrichtung der Stadt Halle. Allerdings schrumpfte das Personal von vormals 8 Mitarbeitern beträchtlich. Neben der Leiterin des Planetariums sind speziell für die Unterrichtsdurchführung 3 Lehrer mit insgesamt 21 Stunden pro Woche im Planetarium tätig.
Im selben Jahr, in dem der erste Mensch die Erde verließ, baute Karl Kockel die erste Schulsternwarte in Halle-Kanena. Das Fernrohr, ein Zeiss 80/1200 auf der 1B-Montierung, wurde durch Schrottsammlungen finanziert. Diese Sternwarte wurde aber bald abgebaut, da die Rauchbelästigung durch den nahen Schornstein hoch war.
So entschloss man sich eine neue, größere Sternwarte zu bauen. Neben der Schule entstand ein Rundbau mit einem Durchmesser von 3,5m und einer drehbaren Kuppel. Man erwarb das erste größere Teleskop. Ein Zeiss Meniscas mit einer Öffnung von 150mm und einer Brennweite von 2250mm kam in der neuen Kuppel zum Einsatz. Am 25. August 1962 war Einweihung. Zwei Jahre später wurde ein Zeiss-Coudé-Linsenfernrohr installiert. Dieses Teleskop besaß eine Öffnung von 150mm und eine Brennweite von 2250mm. Coudé bedeutet „Knick“. Es war durch diese Konstruktion möglich auch in eine kleine Sternwarte ein Linsenfernrohr mit großer Brennweite einzubauen. Der Strahlengang wird in die feststehende Stundenachse geleitet. Bei dieser Konstruktion steht der Beobachter an ein und derselben Stelle im Gebäude, es bewegt sich nur das Fernrohr.
Im Jahre 1965 kam eine weitere Sternwarte hinzu, um mehreren Schülern gleichzeitig eine Beobachtung zu ermöglichen. In diesem Rechteckgebäude hinter dem Kuppelbau befanden sich ein Schmidtspiegel, ein Zeiss-Refraktor, ein Newtonspiegel, der Meniskas und Zeiss-Astrokameras zur Himmelsüberwachung.
Zwischen 1976 und 1978 entstand das Planetarium auf der Peißnitz. Die Sternwarte in Kanena wurde nun nicht mehr offiziell genutzt. Den Coudé- Refraktor brachte man in die Sternwartenkuppel auf der Peißnitz.
Auch die Teleskope des zweiten Sternwartengebäudes kamen nach der Wende, im Jahr 1993 zum Planetarium auf die Peißnitz.
In Kanena verblieb nur das erste Fernrohr, der Zeiss-Refraktor 80/1200.
Im Planetarium Halle – Kanena befinden sich 3 verschiedene Tellurien und ein mechanisches Modell zu Darstellung der Planetenschleife. Die älteren Modelle sind Geräte vom Sperrmüll, die in liebevoller Kleinarbeit und viel Zeit durch Herrn Klepzig wieder gangbar gemacht und restauriert wurden. Sie stehen dem Planetarium Kanena als Dauerleihgabe zur Verfügung.
Tellurium
Mit einem Tellurium kann man sehr anschaulich die Bewegungen von Erde und Mond erklären. Die beiden Himmelskörper sind auf einem Hebelarm so angeordnet, dass sie sich um eine Lichtquelle (Sonne) drehen. Mit dem Tellurium lassen sich viele Zusammenhänge in unserem Sonnensystem anschaulich erklären.
Planetenschleifen – Projektor
Bei der Bewegung der beiden Planeten (rote und blaue Kugel) um die Sonne zeichnet der Projektor auf der roten Kugel eine Schleife an der Wand.
Das Tellurium der Fa. Reiss aus dem Jahr 1965 ist eines der am aufwendigsten gefertigten Geräte seiner Art. An diesem dreidimensionalen Modell können zahlreiche Bewegungsabläufe und Zusammenhänge in unserem Sonnensystem aus der mathematischen Geographie und Astronomie anschaulich erklärt werden. Mit dem Tellurium können auch verschiedene Messungen vorgenommen werden.
Die Bewegungsabläufe sind nicht gekoppelt, so dass die einzelnen Bewegungen der Himmelskörper Schritt für Schritt aus den einzelnen Komponenten zusammengesetzt werden können.
Das Tellurium ist im Planetarium mit dem Sternprojektor ausgerichtet, so dass viele Zusammenhänge in Verbindung mit dem Sternenhimmel erläutert werden können. Das ist einzigartig hier im Planetarium Kanena.
Darstellungsmöglichkeiten
Mondphasen, Venusphasen
Finstenisse von Sonne, Mond und Venus
Stellung und Entfernung der Erde zu den verschiedenen Jahreszeiten
Sonnenstand für unterschiedliche Orte und geografische Breiten in Abhängigkeit von der Jahreszeit
Längen von Tag und Nacht zu den Tag und Nachtgleichen und zur Sommer u. Wintersonnenwende
Was ist ein Tag und was ein Jahr (Rotation, Revolution)
Der Tagbogen der Sonne. Im Sommer steht die Sonne hoch über dem Südhorizont, im Winter steht sie wesentlich tiefer. Sie zieht täglich ihren Bogen von Ost nach West, aber die Auf- und Untergangspunkte verschieben sich im Lauf eines Jahres.
Auch die Uhrzeit läßt sich am Himmel ablesen, denn das gesamte Himmelsgewölbe dreht sich in rund 24 Stunden scheinbar um den Polarstern.
Die Sonne und ihre Planeten. Mit dem Sonnensystemprojektor kann man den scheinbaren Lauf der Sonne durch den Tierkreis und Planetenbewegungen anschaulich darstellen.
Wie funktioniert das Äquatorsystem? Was ist die Ekliptik? Wo befindet sich der Frühlingspunkt? All diese Fragen und noch mehr können im Planetarium auf einfache Weise erklärt werden.
Zur Zeit steht unter der Kuppel leider kein Teleskop mehr. Die Spalttüren der Kuppel lassen sich nicht öffnen. Unser Ziel ist es das erste größere Spiegelteleskop in Kanena, den Meniskus-Cassegrain von Carl-Zeiss-Jena wieder in die Sternwarte zu integrieren. Das leistungsstarke Instrument ist ca. 45 Jahre alt und 2005 überholt worden. Zur langen Nacht der Sterne 2006 konnte man das Teleskop für eine Nacht in der Sternwartenkuppel erleben.